Ein paar theoretische Aspekte zum Modell
Die Erfahrungen mit dem
"Orbiter" -Modell beim DS-Fliegen am Parker Mountain in
Kalifornien haben mich dazu veranlasst, eine verbesserte
DS-Version, eine "Mach-Ultimate",
zu entwickeln. Bruce Tebo erzielte zwar vor einem Jahr bei mäßigen Windbedingungen
mit dem Orbiter -Urmodell ca. 660 km/h, aber eine weitere Steigerung der Geschwindigkeit
war ihm leider nicht
möglich, weil beim Durchfliegen der Scherwinde an der Hangkante der
Rumpf anfing zu schwingen. Umso mehr wird beim neuen Modell beachtet
werden, dass die Biegesteifigkeit des Rumpfes den hohen
Biegemomenten im Schnellflug standhält.
Die wesentlichen
Veränderungen sind: 1. ein Profil mit etwas geringerer Dicke und
leicht erhöhter Wölbung, das im Schnellflug ohne Wölbung einen
geringsten Widerstandsbeiwert von cd = 0,004 bei einem
Auftriebsbeiwert von cl = 0,2 liefert, 2. eine erhöhte
Streckung der Tragfläche und eine geringere durchschnittliche
Flächentiefe, so dass der Flächeninhalt etwa dem des "Orbiters"
entspricht, 3. Übernahme des "Orbiter" -Rumpfes mit einer leichten
Erhöhung (Vergrößerung) des Seitenleitwerks, die erforderlich ist,
um die streckungsbedingten größeren Trägheitsmomente der
Tragflügelhälften im Langsamflug zu kompensieren.
Wie im Weiteren noch
erläutert wird, resultieren für das gewählte Profil beim "Dsing" mit cl
= 0,2 komfortable lokale Kreisradien bei unterschiedlichen
Flächengewichten von 5 bis 15 kg/m2. Was aber
insbesondere daraus folgt, sind sehr geringe induzierte
Widerstandsbeiwerte, die kleiner sind als die Werte von
Höhenleitwerk, Seitenleitwerk und Rumpf und weniger als ein Zehntel
des Widerstandsbeiwertes der Tragfläche ausmachen. Eine weitere Erhöhung der
Streckung würde sich beim schnellen DS-Fliegen nicht bemerkbar
machen. Wichtiger: Die Flächenform wurde wiederum so gewählt, dass
auch an den Außenteilen der Fläche noch Profiltiefen mit guten
Re-Zahlen für die Luftströmung erreicht werden, so dass der Flügel
insgesamt einen geringeren durchschnittlichen Widerstand liefert
als der des Orbiters.
Die nachstehenden
Grafiken zeigen die Auftriebs-Widerstandspolaren des
Tragflächenprofils für Fluggeschwindigkeiten von V = 80 m/s, 160 m/s
und 240 m/s, was in etwa den üblichen niedrigen und hohen
DS-Geschwindigkeiten entspricht. Die Re-Zahlen in den Grafiken
entsprechen den durchschnittlichen Flächentiefen des Modells und den
angeführten
Geschwindigkeiten.
In den
Polarengrafiken sind nicht nur die Polaren für das ungewölbte
Profil, sondern auch jeweils solche für +/- 4°
Wölbklappenausschlag bei einer Klappentiefe von 22 % der
Profieltiefe eingetragen. Die damit zu erreichenden Auftriebsumfänge
sind insbesondere z.B für das Slope-Soaring von großem Interesse.
Was dabei auffällt, ist, dass beim Wölben im hohen
Geschwindigkeitsbereich die Profilwiderstände theoretisch nahezu
konstant bleiben.
Beim DS-Fliegen wird
man mittels Snap-Flap besonders von negativen Klappenausschlägen in
der Sturzflugphase profitieren können. Positive Ausschläge könnten in
der DS-Schleife leicht zur Erhöhung der Auftriebsbeiwerte mit
unerwünschtem Anstieg des induzierten Widerstandes führen. In der
Folge wird noch aerodynamisch erläutert werden, wie mit einem
Auaftriebsbeiwert von cl = 0,2, bei dem das Profil etwa
seinen geringsten Widerstand hat, die DS-Schleifen am besten zu
fliegen sind. Dabei sind neben dem Auftriebsbeiwert das
Flächengewicht des Modells, die Bahnneigung und die Schräglage um
die Längsachse die ausschlaggebenden Parameter für den lokalen
Radius der DS-Flugbahn. Dazu bedarf es einiger aerodynamischer und
flugmechanischer Ausführungen, die nachfolgend in einer
Formelsammlung zusammengefasst sind:
Zunächst seien die
Bezeichnungen der maßgeblichen Parameter und Charakteristika
zusammengestellt:
Trägheitskraft:
K [N = Newton]
Auftriebskraft
L [N], (L = Lift)
Widerstandskraft:
D [N], (D = Drag)
Zentrifugalkraft:
ZR
[N]
Gewichtskraft:
G =
m x g
[N]
Masse:
m [kg]
Erdbeschleunigung: g [m/s2]
(=
9,81)
Geschwindigkeit:
V [m/s]
Luftdichte:
r
(rho) [kg/m3) (=
1,25 bei NN)
lokale Bahnneigung:
j
(phi)
Schräglagewinkel: Q
(Theta)
Auftriebsbeiwerte:
cl
(Profil), cL
(Modell)
Widerstandsbeiwerte:
cd
(Profil), cD (Modell)
Profiltiefe:
c [m] , ĉ
(durchschnittlich)
Tragfläche:
A [m2]
HLW-Fläche:
AH
[m2]
SLW-Fläche:
AS
[m2]
Der Auftriebsbeiwert
der Tragfläche ist aufgrund von Wirbelbildungen geringer als der des
Profils und hängt von Form und Streckung der Fläche ab. Der
Effizienzfaktor des Auftriebsbeiwertes aA
lässt sich berechnen und ist für die Mach-Ultimate = 0,9 (= 90
%).
ĉL =
aA
x ĉl
Damit sind die
Voraussetzungen zum Verständnis der nachstehenden aerodynamischen
Ausführungen zum Dynamic Soaring gegeben:
Bei der Berechnung der
lokalen Kreisradien ist zu beachten, dass sich der Neigungswinkel
des Modells auf der DS-Schleife stetig ändert. Am oberen und am
unteren Ende der Schleife ist der Neigungswinkel 0°, an den Seiten,
wo das Modell die steilste Flugbahn - nach unten wie nach oben -
einnimmt, ist in den Beispielen der maximale Neigungswinkel mit 30°
angenommen worden. Mit der "Mach-Ultimate" sollten
die Kreisradien mindestens so groß, wie in den Tabellen angegeben,
geflogen werden, um den induzierten Widerstand, der vom Quadrat des
Auftriebsbeiwertes abhängt, zu miminieren.
Bisher wurde noch nicht
berücksichtig, wie sich das Modell beim Durchgang durch die
Scherwinde an der Hangkante im oberen Teil der DS-Schleife zu verhalten
hat, um die dort entstehenden zusätzlichen Auftriebskräfte - den
eigentlichen Motor des DS-Fliegens - für eine Beschleunigung der
Geschwindigkeit zu nutzen. Je nach Hang und Wind ist der
Scherwindbereich in dem das Modell zusätzlichen Auftrieb erfährt
unterschiedlich hoch. Läßt man das Modell im Hangaufwind zu hoch
steigen, wird es erfahrungsgemäß wegen seiner Massenträgheit an Fahrt verlieren
und der Widerstand kann sich erhöhen. Es sind die Erfahrung und das Geschick
des Piloten, den Hangaufwind so zu durchfliegen, dass das Modell
dabei größtmögliche Beschleunigung erfährt. Dies ist wiederum nur
möglich, wenn der Profilwiderstand des Modells minimal ist, was beim
"Mach-Ultimate" etwa bei cl = 0,2 der Fall
ist.
Verschiedene Videos von
Bruce Tebo und Spencer Licenby, den Top-Piloten der Szene, zeigen,
dass sie ihre DS-Schleifen meist in Form einer mit der Längsachse
nach oben weisenden Linse mit etwa 30° Neigung fliegen. Auch hier gilt, die lokalen Kreisradien so
zu wählen, dass der Auftriebsbeiwert im Falle der "Mach-Ultimate"-Fläche
<= 0,2 bleibt. Natürlich
kommt es auf die lokalen Gegebenheiten und das Vermögen des Piloten
an! Manchmal braucht es bis zu 45° Bahnneigung, z.B. hinter einer Baumgruppe,
manchmal reichen schon 20°.
Noch ein Kommentar zur
Berechnung der Umfangsgeschwindigkeit: Da es sich
beim Dynamic Soaring nicht um eine stationäre, sondern eine
dynamische Bewegung des Modells handelt, ändert sich der Widerstand
fortlaufend mit der Bewegung auf der Umlaufbahn. Kennt man z. B. die
Ausgangsgeschwindigkeit Vo mit s=0 im Zenit der Bahn,
kann man unter Berücksichtigung des Widerstandsbeiwerts, der sich
mittels lokaler Re-Zahl und lokalem Auftriebsbeiwert näherungsweise
für eine kurze Wegstrecke s ergibt, die Geschwindigkeit am Ende
dieses Weges berechnen. Geht man auf diese Weise weiterhin iterativ
vor, läßt sich die Geschwindigkeit für einen beliebigen Punkt
auf der Schleife bestimmen. Aber das ist eher eine Aufgabe für
numerische Mathematiker.
(Ähnliche Aufgaben
wurden von mir z.B. für den Windenhchstart eines Segelmodells, für
die Optimierung desr Flugbahn ibeim F3B-Speedflug, für den Kreisflug
und anderes mehr in meinem Theoriebuch " Design, Leistung und
Dynamik von Segelflugmodellen" berechnet.)